Für CX-Verantwortliche ist es entscheidend zu verstehen, wie verschiedene Kennzahlen das Kundenverhalten besser erklären und vorhersagen können. Der NPS ist, auch zwei Jahrzehnte nach seiner Einführung, noch immer die weltweit am häufigsten genutzte Kennzahl im Customer Experience Management - und war über viele Jahre das ungeliebte Kind der Forschung. Während Führungskräfte den NPS für seine Einfachheit schätzen, wurde er von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen genau aus diesem Grund häufig kritisiert. Diese Wahrnehmung verändert sich gerade. Im Jahr 2023 veröffentlichte das International Journal of Market Research eine Sonderausgabe unter dem Titel „20 Years of Net Promoter Score: Looking Back and Forward“. Besonders interessant für CX-Profis: Der Artikel „Should Net Promoter Score be Supplemented with Other Customer Feedback Metrics?“ von Steffen Müller, Roger Seiler und Melanie Völkle (vollständige Quelle siehe unten) liefert spannende neue Impulse.
Zentrale Erkenntnisse der Forschung
Die Autoren betonen, dass es bereits viele Studien gibt, die den NPS mit anderen Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit oder Loyalität vergleichen. Nur wenige Untersuchungen beschäftigen sich jedoch mit der Frage, wie sich der NPS sinnvoll mit anderen KPIs kombinieren lässt. Genau hier setzen sie an – und schlagen eine Integration des NPS mit emotionalen Metriken vor, konkret mit dem Konzept des Net Emotional Value (NEV) von Shaw (2007). Der NEV berechnet das Netto-Verhältnis von positiven Emotionen (z. B. Freude, Vertrauen, Geborgenheit) abzüglich negativer Emotionen (z. B. Enttäuschung, Frustration, Vernachlässigung), die Kunden in der Interaktion mit einem Unternehmen empfinden.
Studienaufbau und Ergebnisse
In einer Befragung von 599 Kunden deutscher Mobilfunkanbieter testeten die Forscher, wie stark der Zusammenhang zwischen einem kombinierten Emotions- und NPS-Wert und verschiedenen Kundenverhaltensweisen ist. Es wurden drei Modelle verglichen:
- Modell 1: Nur NPS
- Modell 2: Nur NEV (Emotionsscore)
- Modell 3: Kombination aus NPS und NEV
Als Zielgrößen dienten:
- Wiederkaufabsicht
- Cross-Buying-Absicht
- Durchschnittlicher monatlicher Umsatz
Das Ergebnis: Die Kombination aus NPS und NEV erklärte Wiederkauf- und Cross-Buying-Absichten am besten. Besonders aufschlussreich: Promotoren fühlten sich sicher, wertgeschätzt und hatten Vertrauen, während Kritiker Frustration, Enttäuschung und Vernachlässigung empfanden.
Was bedeutet das für CX-Verantwortliche?
- Return on Investment (ROI) von CX-Initiativen:
Zu verstehen, welche Erlebnisse und welche emotionalen Erfahrungen zu besseren Geschäftsergebnissen führen (z. B. mehr Wiederkäufe), ist zentral. CX-Maßnahmen sollten sich gezielt auf die Aspekte konzentrieren, die Kunden besonders wichtig sind und gleichzeitig finanzielle Wirkung zeigen. - Die Bedeutung von Emotionen:
Kundenverhalten lässt sich ohne Emotionen nicht vollständig erklären. Wer Kundenerlebnisse besser verstehen will, muss daher auch emotionale Reaktionen messen – nur so entsteht ein vollständiges Bild. - Besseres Verständnis von Kundenverhalten:
Die Kombination von NPS und einem emotionalen KPI liefert deutlich tiefere Einblicke. CX-Programme sollten beide Perspektiven integrieren, um Kundenfeedback ganzheitlich zu erfassen und wirkungsvoller darauf reagieren zu können.
Fazit:
Wer den Net Promoter Score mit emotionalen Kennzahlen kombiniert, erhält nicht nur ein besseres Verständnis für das Verhalten seiner Kunden – sondern auch konkretere, umsetzbare Impulse für gezieltere Maßnahmen, mehr Loyalität und höhere Kundenzufriedenheit.
Müller, S., Seiler, R., & Völkle, M. (2024). Should Net Promoter Score be supplemented with other customer feedback metrics? An empirical investigation of Net Promoter Score and emotions in the mobile phone industry. International Journal of Market Research, 66(2-3), 303-320.
Shaw, C. (2007). The DNA of customer experience: How emotions drive value. Palgrave Macmillan.
