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Datenschutz im Zeitalter von GenAI: Mehr als nur ein lästiges Übel?
Nicolai Jereb6 Minuten Lesezeit

Datenschutz im Zeitalter von GenAI: Mehr als nur ein lästiges Übel?

Beim Streben um höhere Effizienz bei gleichzeitiger Kostensenkung im Customer Service  darf der Datenschutz nicht auf der Strecke bleiben. Dieser Blogbeitrag zeigt auf, wie Unternehmen die DSGVO-Herausforderungen meistern können, während sie fortschrittliche KI-Tools im Kundenservice nutzen. Außerdem beleuchten wir die kritischen Datenschutzaspekte, liefern tiefergehende Links für einen Deep Dive und erläutern, worauf Unternehmen bei der Anbieterauswahl achten müssen.

Datenschutz – Das ungeliebte Stiefkind der KI?

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Kundenservice gewinnt weltweit an Bedeutung. Unternehmen setzen auf Chat- und Voicebots, um Anfragen effizient zu bearbeiten und Kundenerlebnisse zu verbessern. Dabei handelt es sich meist um generative KI (GenAI), eine spezielle Form der KI, die in der Lage ist, eigenständig Texte zu generieren, auf Anfragen reagiert und menschenähnliche Dialoge führt. Doch während der technologische Fortschritt unaufhaltsam voranschreitet, bleibt der Datenschutz ein kritischer Punkt – insbesondere in Deutschland. Denn wir haben eine lange Tradition des Datenschutzes, die tief in unserer Geschichte und Kultur verankert ist: Die Stasi-Überwachung in der DDR und die Bespitzelungen in der Nazi-Zeit haben ein starkes Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes persönlicher Daten geschaffen. Im Gegensatz zu den USA, wo Datenschutz oft weniger rigoros gehandhabt wird, legen deutsche Unternehmen und Verbraucher großen Wert auf Datensicherheit und -integrität.

Generative KI rechtssicher im Kundenservice einsetzen

Bei allen Vorteilen generativer KI im Kundenservice ist daher eine sorgfältige Planung und Umsetzung notwendig, um jederzeit rechtliche Fallstricke zu vermeiden und den Datenschutz über alles Prozessschritte hinweg zu gewährleisten.

Transparenz und Information

Kunden wollen zu Recht genau wissen, wie ihre Daten verwendet und verarbeitet werden. Datenschutzrichtlinien müssen daher klar und verständlich formuliert und leicht zugänglich sein. Transparenz schafft Vertrauen und ist die Grundlage für eine rechtskonforme Datenverarbeitung. Hilfreiche Ressourcen dazu finden sich zum Beispiel beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit BfDI: www.bfdi.bund.de/DE/Home/home_node.html.

Einwilligung und Rechte der Betroffenen

Es ist unerlässlich, dass Unternehmen die Einwilligung der Nutzer zur Datenverarbeitung einholen. Kunden müssen zudem jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Daten einzusehen, zu korrigieren oder löschen zu lassen. Diese Rechte müssen klar kommuniziert und einfach zugänglich sein. Umfangreiche Informationen bietet hier die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32016R0679.

Sichere Datenverarbeitung

Auch die Sicherheit der Daten muss jederzeit gewährleistet sein. Technische und organisatorische Maßnahmen sind unbedingt erforderlich, um den Zugriff durch unbefugte und damit Datenverluste zu verhindern. Regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen und Audits sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Daten immer geschützt sind. Details zu technischen Maßnahmen finden sich bei der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA): www.enisa.europa.eu/.

Schulung und Sensibilisierung

Mitarbeiter sollten regelmäßig geschult werden, um ein Bewusstsein für Datenschutzthemen zu entwickeln. Sensibilisierungskampagnen helfen, das Verständnis und die Akzeptanz der Datenschutzrichtlinien zu fördern und deren Einhaltung im täglichen Geschäftsbetrieb sicherzustellen. Nützliche Schulungsmaterialien stellt die Europäische Datenschutzbehörde EDPB zur Verfügung: https://www.edpb.europa.eu/edpb_de.

Vermeidung der Verwendung sensibler Daten als Trainingsdaten

Ein besonders kritischer Punkt bei der Nutzung generativer KI ist die Sicherstellung, dass sensible personenbezogene Daten nicht als Trainingsdaten verwendet werden.

Anonymisierung und Pseudonymisierung

Bevor Daten für das Training von KI-Modellen verwendet werden, sollten sie anonymisiert oder pseudonymisiert werden. Dies reduziert das Risiko, dass persönliche Informationen rückverfolgbar sind. Die Internationale Organisation für Normung ISO bietet Standards und Leitlinien zur Anonymisierung und Pseudonymisierung.

Datenminimierung

Nur die notwendigen Daten sollten gesammelt und verwendet werden. Überflüssige Daten müssen vermieden werden, um das Risiko von Datenschutzverletzungen zu minimieren.

Strenge Zugriffskontrollen

Nur autorisierte Mitarbeiter dürfen Zugang zu sensiblen Daten haben. Robuste Zugriffskontrollen und Überwachungsmechanismen helfen, unbefugten Zugriff zu verhindern. Mehr dazu beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) (PDF Download): www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Grundschutz/Kompendium_Einzel_PDFs_2021/02_ORP_Organisation_und_Personal/ORP_4_Identitaets_und_Berechtigungsmanagement_Editon_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Regelmäßige Audits

Regelmäßige Audits und Überprüfungen stellen sicher, dass keine sensiblen Daten in den Trainingsdatensätzen vorhanden sind. Externe Datenschutzexperten können dabei helfen, die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen. Informationen zu Audits bietet unter anderem der Deutsche Verein für Datenschutz (DVD): www.datenschutzverein.de.

Technische Umsetzung: KI und CRM-Daten

Ein häufiges Anliegen bei der Implementierung von generativer KI im Kundenservice ist die Integration mit bestehenden CRM-Systemen, ohne dass personenbezogene Daten direkt mit der KI geteilt werden.

Datenschnittstellen und API-Nutzung

Die Verwendung von sicheren APIs kann dabei helfen, Daten aus dem CRM in die KI-Systeme einzuspeisen, ohne dass die Daten tatsächlich in den KI-Modellen gespeichert werden. Eine API fungiert hier als Vermittler, der die notwendigen Daten bereitstellt, ohne dass die KI direkten Zugriff auf die Datenbanken hat. Weitere Informationen dazu finden sich zumBeispiel in der API-Dokumentation von OpenAI: https://beta.openai.com/docs/.

Tokenisierung

Tokenisierung ist eine Technik, bei der sensible Daten durch nicht-sensible Äquivalente ersetzt werden. Diese Token können dann für die Datenverarbeitung verwendet werden, während die tatsächlichen Daten sicher und geschützt bleiben. Einblicke in die Tokenisierung bietet auch die ISO/IEC 27001: www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nia/veroeffentlichungen/wdc-beuth:din21:370680635

Auswahl des richtigen KI-Anbieters

Unternehmen, die generative KI im Customer Service nutzen möchten, müssen bei der Auswahl des Anbieters besonders sorgfältig vorgehen. Im Erstgespräch sollten folgende Punkte geprüft werden:

Datenschutzkonzept des Anbieters

Verfügt der Anbieter über ein robustes Datenschutzkonzept? Wie werden Daten gespeichert und verarbeitet? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Datenschutzverletzungen zu verhindern? Hilfreiche Fragen dazu finden sich in den DSGVO-FAQs der EU: https://commission.europa.eu/law/law-topic/data-protection/reform/rules-business-and-organisations_de

Compliance mit gesetzlichen Anforderungen

Der Anbieter sollte nachweisen können, dass er die gesetzlichen Anforderungen der DSGVO und anderer relevanter Datenschutzgesetze einhält. Dazu gehören auch regelmäßige Audits und Zertifizierungen. Weitere Informationen bietet der Bundesverband IT-Sicherheit TeleTrusT: www.teletrust.de/.

Technologische Sicherheit

Welche Sicherheitsmaßnahmen setzt der Anbieter ein, um die Daten seiner Kunden zu schützen? Dazu gehören Verschlüsselung, Zugriffskontrollen und Sicherheitsprotokolle. Mehr dazu in der ENISA-Richtlinie zur Datensicherheit: www.enisa.europa.eu/publications.

Transparenz und Dokumentation

Der Anbieter sollte vollständige Transparenz darüber bieten, wie die KI-Modelle trainiert werden und welche Daten dabei verwendet werden. Detaillierte Dokumentation und klare Kommunikation sind hier unerlässlich. Die ISO/IEC 27001 bietet Standards zur Informationssicherheit: www.tuev-nord.de/de/unternehmen/zertifizierung/news/artikel/article/iso-iec-270012022-was-ist-neu/

Support und Schulung

Bietet der Anbieter Unterstützung bei der Implementierung und Schulung der Mitarbeiter? Ein guter Anbieter sollte nicht nur die Technologie bereitstellen, sondern auch umfassenden Support und Schulungsangebote anbieten, um sicherzustellen, dass die KI-Lösungen effektiv und datenschutzkonform genutzt werden können.

EU AI Act und rechtliche Rahmenbedingungen

Der EU AI Act setzt wichtige Standards für die Nutzung von KI in der EU. Er stellt sicher, dass KI-Systeme, die in der EU in Verkehr gebracht und genutzt werden, sicher sind und den Grundrechten und Werten der EU entsprechen. Unternehmen müssen die Vorschriften des AI Act einhalten, um empfindliche Strafen zu vermeiden. Das bedeutet, dass alle, die KI-Systeme entwickeln, anbieten oder nutzen, ihre Prozesse und Technologien ^über kurz oder lang an diese strengen Anforderungen anpassen müssen.

Fazit

Datenschutz im Zeitalter der künstlichen Intelligenz ist nicht nur lästig, sondern ein entscheidender Bestandteil des Customer Service und ein grundlegendes Element für das Vertrauen der Kunden. Unternehmen, die es schaffen, Datenschutz in ihre KI-Strategien zu integrieren, erfüllen nicht nur gesetzliche Anforderungen, sondern stärken auch das Vertrauen und die Bindung ihrer Kunden. Der EU AI Act spielt hierbei eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass KI-Systeme verantwortungsbewusst und im Einklang mit europäischen Werten eingesetzt werden.

Bei der Implementierung von generativer KI im Kundenservice müssen Unternehmen sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen ergreifen, um Datenschutz zu gewährleisten. Dies beinhaltet die Auswahl des richtigen Anbieters, die Gewährleistung der Datenintegrität und die Schulung der Mitarbeiter. Nur so können sie die Vorteile der KI-Technologie voll ausschöpfen und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden bewahren.


 

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Nicolai Jereb

... Der Essener Fachjournalist und IHK-zertifizierte KI-Manager/Anwendungsberater Nicolai Jereb schreibt seit vielen Jahren über Finanzthemen, Technologie und Kundenservice. Seine zahlreichen Beiträge machen auch komplexe Themen für jedermann verständlich.

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