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Welche Preismodelle für Agentic AI gibt es im Customer Service
Rainer Kolm8 Minuten Lesezeit

Welche Preismodelle für Agentic AI gibt es im Customer Service?

Welche Preismodelle für Agentic AI gibt es im Customer Service?
13:07

Ein Frage die mich interessiert und eine gute Aufgabe für meine digitale Workforce, das Ergebnis ist auf jeden Fall lesenswert:

Die Entscheidung für Agentic AI im Customer Service ist gefallen, das Budget ist grundsätzlich da, und die technischen Anforderungen sind geklärt. Doch dann kommt die entscheidende Frage: Was kostet das eigentlich genau? Die Preismodelle für Agentic AI haben sich in den letzten Monaten deutlich weiterentwickelt und orientieren sich an bekannten Mustern aus der Conversational AI – allerdings mit entscheidenden Erweiterungen in Richtung wert- und ergebnisorientierter Abrechnung. Dieser Artikel zeigt Ihnen, welche Modelle sich durchgesetzt haben und worauf Sie bei der Auswahl achten sollten.

Die Evolution der Preismodelle: Von Lizenzen zu Outcomes

Während klassische Customer-Service-Software primär über Seat-Lizenzen abgerechnet wurde, hat die Einführung von Conversational AI bereits neue Abrechnungslogiken etabliert. Agentic AI geht nun noch einen Schritt weiter: Da diese Systeme eigenständig handeln, komplexe Aufgaben lösen und messbare Geschäftsergebnisse liefern, entstehen Preismodelle, die stärker am tatsächlichen Wert der Leistung ausgerichtet sind. Dies schafft Transparenz und erlaubt eine direkte Verbindung zwischen Investition und Return on Investment.

Nutzungsbasierte Modelle: Zahlen Sie nur, was Sie verbrauchen

Das nutzungsbasierte Abrechnungsmodell ist das flexibelste und am weitesten verbreitete Modell im Agentic AI Bereich. Es orientiert sich daran, wie intensiv die KI tatsächlich genutzt wird, und schafft damit eine faire Grundlage für Unternehmen jeder Größe.

Die Abrechnung pro Interaktion, Ticket oder Resolution ist besonders im Chat-Support beliebt. Sie zahlen für jede von der AI vollständig oder teilweise gelöste Kundenanfrage einen definierten Preis. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass Sie nur für erfolgreiche Interaktionen bezahlen. Ein gelöstes Ticket kostet beispielsweise zwischen 0,50 und 3,00 Euro, abhängig von der Komplexität und dem Anbieter. Wenn die AI eine Anfrage nicht lösen kann und an einen menschlichen Agenten eskaliert, entfällt die Gebühr oft oder wird reduziert.

Die Abrechnung pro Minute Gesprächszeit findet sich hauptsächlich bei Voicebots und AI-Callcenter-Lösungen. Hier wird ein Cent-Betrag pro durch die AI geführter Gesprächsminute berechnet, typischerweise zwischen 0,10 und 0,50 Euro pro Minute. Dieses Modell ist transparent und leicht zu kalkulieren, birgt aber das Risiko, dass lange, ineffiziente Gespräche teurer werden als kurze, effektive Lösungen. Achten Sie darauf, dass Ihr Anbieter Anreize für Effizienz setzt.

Das Token- oder API-basierte Modell rechnet nach verbrauchter Rechenleistung ab. Jede Anfrage an das Large Language Model verbraucht eine bestimmte Anzahl von Tokens – je nach Länge und Komplexität der Konversation. Dieses Modell ist eher ein Backend-Ansatz bei direkter LLM-Nutzung und weniger bei fertigen Customer-Service-Lösungen üblich. Es bietet maximale Transparenz für technisch versierte Teams, erfordert aber genaues Monitoring und Verständnis der Token-Ökonomie.

Lizenz- und Seat-Modelle: Planbare Fixkosten

Lizenzmodelle bieten Planungssicherheit durch fixe monatliche Kosten. Sie sind besonders attraktiv für Unternehmen, die ihre IT-Budgets präzise planen müssen und keine variablen Überraschungen wünschen.

Das Pro-Seat oder Pro-Agent-Modell funktioniert nach dem klassischen SaaS-Prinzip. Sie zahlen eine fixe Monatsgebühr pro menschlichem Agenten, der ein AI-Copilot- oder Assistenz-Tool nutzt. Typische Preise liegen zwischen 30 und 150 Euro pro Seat und Monat, abhängig vom Funktionsumfang. Dieses Modell eignet sich besonders für AI-Assist-Funktionen, die Agenten im Desktop unterstützen, wie automatische Zusammenfassungen, Vorschläge für Antworten oder Sentiment-Analyse.

Das Pro-virtuellem-Agent-Modell berechnet einen monatlichen Festpreis pro AI-Agent oder Bot-Instanz, die dauerhaft im Einsatz ist. Ein virtueller Agent kostet üblicherweise zwischen 500 und 5.000 Euro pro Monat, abhängig von Komplexität, Kanälen und Integrationsdichte. Dieses Modell macht Sinn, wenn Sie mehrere spezialisierte Agenten einsetzen – beispielsweise einen für FAQs, einen für Reklamationen und einen für technischen Support. Die Herausforderung liegt darin, die richtige Anzahl und Spezialisierung der Agenten zu definieren, ohne über- oder unterzudimensionieren.

Task- und Outcome-basierte Modelle: Bezahlen Sie für Ergebnisse

Die innovativsten und fairsten Modelle orientieren sich nicht an Nutzung oder Lizenzen, sondern an konkreten Aufgaben oder Geschäftsergebnissen. Sie verschieben das Risiko teilweise vom Kunden zum Anbieter und schaffen echte Alignment zwischen Investition und Mehrwert.

Task-basierte Abrechnung definiert einen Preis pro abgeschlossener Aufgabe. Dies kann ein klassifiziertes Ticket sein, eine automatisch erstellte E-Mail-Antwort, eine abgewickelte Rückerstattung oder eine durchgeführte Statusabfrage. Der Vorteil ist die direkte Messbarkeit des Nutzens. Wenn Ihr Ziel darin besteht, die Anzahl manuell bearbeiteter Standardaufgaben zu reduzieren, zahlen Sie genau für diese Reduktion. Typische Preise liegen zwischen 0,20 Euro für einfache Klassifizierungen und 2,00 Euro für komplexere Prozessabwicklungen.

Outcome-basierte Vergütung koppelt die Bezahlung direkt an Geschäftsergebnisse. Sie zahlen pro erfolgreich gelöstem Support-Fall, pro gewonnenem Upsell, pro reduzierter Bearbeitungsminute oder pro verbessertem CSAT-Punkt. Dieses Modell ist das risikoärmste für den Kunden, da nur bei nachweislichem Erfolg Kosten entstehen. Allerdings ist die Implementierung komplex, da klare Metriken, Messmethoden und Baseline-Werte definiert werden müssen. Anbieter verlangen oft höhere Preise pro Erfolg, um das übernommene Risiko zu kompensieren.

Hybride Modelle: Das Beste aus beiden Welten

In der Praxis haben sich hybride Modelle durchgesetzt, weil sie die Vorteile verschiedener Ansätze kombinieren und sowohl Planbarkeit als auch Fairness bieten. Diese Modelle verbinden Grundgebühren mit variablen Komponenten und schaffen so eine ausgewogene Risikoverteilung.

Die Kombination aus Grundgebühr plus Nutzung ist die gängigste Variante. Sie zahlen eine Plattformlizenz, beispielsweise pro Seat, und zusätzlich variable Gebühren pro AI-Interaktion oder Resolution. Ein typisches Modell könnte so aussehen: 50 Euro pro Agent und Monat für die Plattform plus 0,80 Euro pro durch AI gelöstem Ticket. Dies schafft Planbarkeit für die Grundkosten und Flexibilität bei der Nutzung. Der Anbieter hat einen garantierten Grundumsatz, während Sie nur zusätzlich zahlen, wenn die AI auch wirklich arbeitet.

Die Kombination aus Nutzung plus Outcome verbindet verbrauchsbasierte Sockelkosten mit Bonus- oder Malus-Logiken basierend auf KPIs. Sie zahlen beispielsweise pro Minute oder Interaktion, erhalten aber Rabatte, wenn bestimmte Qualitätsziele wie First Contact Resolution Rate, Customer Satisfaction Score oder Entlastungsquote erreicht werden. Umgekehrt können Aufschläge greifen, wenn die AI-Qualität unter definierte Schwellenwerte fällt. Dieses Modell incentiviert beide Seiten für kontinuierliche Optimierung.

Welches Modell passt zu Ihrem Unternehmen?

Die Wahl des richtigen Preismodells hängt von mehreren Faktoren ab. Ihre Unternehmensgröße spielt eine zentrale Rolle. Kleinere Unternehmen mit begrenztem, schwankendem Volumen profitieren von rein nutzungsbasierten Modellen ohne Grundgebühr. Sie zahlen nur, wenn Anfragen anfallen, und haben kein Fixkostenrisiko. Größere Organisationen mit stabilem, hohem Volumen bevorzugen oft hybride Modelle mit Grundgebühr, da diese bei Scale günstiger werden und Planungssicherheit bieten.

Ihre Planungssicherheitspräferenz ist entscheidend. Wenn Ihr CFO fixe, vorhersehbare Kosten bevorzugt, wählen Sie Seat- oder Agent-Lizenzmodelle. Wenn Sie flexible Kostenstrukturen und Pay-as-you-grow bevorzugen, sind nutzungsbasierte Modelle besser. Viele Unternehmen starten mit nutzungsbasierten Modellen im Piloten und wechseln zu hybriden Modellen bei erfolgreicher Skalierung.

Ihr Reifegrad in der AI-Nutzung sollte berücksichtigt werden. Wenn Sie am Anfang stehen und Volumen sowie Nutzen schwer einschätzen können, minimieren rein nutzungs- oder outcome-basierte Modelle Ihr Risiko. Sie zahlen nur für bewiesenen Wert. Wenn Sie bereits Erfahrung haben und klare Prognosen erstellen können, lohnen sich oft Festpreis-Komponenten für bessere Konditionen.

Ihre Messbarkeit und Governance-Reife ist relevant. Outcome-basierte Modelle erfordern robuste Messsysteme für KPIs, klare Baseline-Definitionen und saubere Attribution zwischen AI und menschlicher Arbeit. Wenn Ihre Analytics-Infrastruktur dafür nicht bereit ist, starten Sie mit einfacheren Modellen und entwickeln Sie schrittweise Richtung Outcome-Orientierung.

Versteckte Kosten und worauf Sie achten sollten

Neben den offensichtlichen Lizenz- oder Nutzungskosten existieren oft versteckte Kosten, die Sie in Ihre Gesamtkalkulation einbeziehen müssen. Setup- und Onboarding-Gebühren für initiale Konfiguration, Training und Integration liegen oft zwischen 5.000 und 50.000 Euro, abhängig von der Komplexität. Klären Sie vorab, was im Setup enthalten ist und was extra kostet.

Kosten für Customization und Anpassungen entstehen, wenn Standard-Agenten nicht ausreichen und spezifische Workflows, Integrationen oder Branding erforderlich sind. Dies kann schnell teuer werden. Prüfen Sie, wie viel Anpassung ohne Zusatzkosten möglich ist. Support- und Maintenance-Gebühren für technischen Support, Updates und kontinuierliche Optimierung sind oft nicht in der Grundlizenz enthalten. Klären Sie Service Level Agreements und Kosten für verschiedene Support-Stufen.

Kosten für zusätzliche Module wie erweiterte Analytics, Multi-Channel-Support oder spezielle Integrationen werden oft separat berechnet. Erstellen Sie eine Gesamt-TCO-Rechnung, nicht nur eine Lizenz-Kalkulation. Schulungskosten für Ihr Team sollten nicht unterschätzt werden. Change Management, Training und kontinuierliches Enablement kosten Zeit und Geld, auch wenn sie nicht direkt vom AI-Vendor in Rechnung gestellt werden.

Die Zukunft: Noch stärkere Outcome-Orientierung

Die Entwicklung geht klar in Richtung ergebnisorientierter Modelle. Je reifer Agentic AI wird, desto mehr werden Unternehmen bereit sein, für nachgewiesene Ergebnisse zu zahlen, und desto mehr werden Anbieter dieses Modell anbieten können. Wir erwarten in den nächsten Jahren eine stärkere Standardisierung von Outcome-Metriken, wie gelöste Tickets, erreichte CSAT-Punkte oder reduzierte Kosten pro Interaktion zu Branchen-Standards werden.

Die Integration von AI-Kosten in Service-Delivery-Modelle wird Realität. Outsourcing-Partner werden AI-Kosten transparent in ihre FTE-basierten Modelle integrieren und Hybridmodelle aus menschlichen und digitalen Agenten anbieten. Real-Time-Pricing mit dynamischer Anpassung basierend auf Auslastung, Komplexität oder Priorität wird möglich. Ähnlich wie bei Cloud-Computing könnten Peak-Zeiten teurer werden als Off-Peak-Zeiten.

Die Shared-Risk-Modelle werden zunehmen, bei denen Vendor und Kunde gemeinsam in den Erfolg investieren und Gewinne teilen. Dies schafft echte Partnerschaften statt reiner Vendor-Buyer-Beziehungen.

Wählen Sie smart, nicht nur günstig

Das richtige Preismodell für Agentic AI ist nicht das günstigste, sondern das, welches am besten zu Ihrer Situation, Ihren Zielen und Ihrer Risikobereitschaft passt. Hybride Modelle mit einer Grundgebühr für Planbarkeit und nutzungs- oder outcome-basierten Komponenten für Fairness haben sich in der Praxis durchgesetzt, weil sie die Interessen beider Seiten ausbalancieren.

Starten Sie mit einem Modell, das zu Ihrer aktuellen Reife passt, aber verhandeln Sie Flexibilität für die Zukunft. Messen Sie von Anfang an die richtigen KPIs, um später auf outcome-basierte Modelle umsteigen zu können. Und vergessen Sie nicht: Die Technologie ist nur so wertvoll wie der Business Case dahinter. Ein teureres Modell mit nachgewiesenem ROI ist besser als ein günstiges Modell ohne messbaren Nutzen.

Die Preismodelle für Agentic AI entwickeln sich schnell. Bleiben Sie informiert, tauschen Sie sich mit Peers aus und scheuen Sie sich nicht, Modelle zu hinterfragen oder anzupassen. In einem Jahr werden wir über ganz andere Preislogiken sprechen – aber die Grundprinzipien von Transparenz, Fairness und Ergebnisorientierung werden bleiben.

 

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Rainer Kolm

… arbeitete als Bereichsleiter und Geschäftsführer in unterschiedlichen Branchen wie dem Handel, dem Tourismus, der Telekommunikation und in der Beratung. Seit 2010 ist Rainer Kolm Inhaber des Instituts für Customer Experience Management (i-CEM) und berät Unternehmen und Institutionen in den Themen Kundenservice und Customer Experience Management

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